Abgeltungssteuer bei Darlehen zwischen nahen Angehörigen

17.06.2015

Im Urteil des BFH vom 28. Januar 2015, AZ VIII R 8/14, zur Anwendung der Abgeltungssteuer zwischen Ehegatten, hat der VIII. Senat diese nur dann ausgeschlossen, soweit ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Beteiligten besteht. Demnach sei die Ehe an sich nicht ausreichend um ein Näheverhältnis i.S. d. § 32 d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Eine mögliche Abhängigkeit des Darlehensnehmers vom Darlehensgeber kann dagegen zu einem Beherrschungsverhältnis führen, mit dem der gesonderte Tarif von 25 % ausgeschlossen ist.

Um Steueroptimierungsstrategien zu verhindern, verweigert der Gesetzgeber bei Kreditverträgen zwischen nahen Angehörigen die Anwendung der teils günstigen Anwendung der Abgeltungssteuer. Der BFH steht mit seiner Entscheidung in Kontinuität zu seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 29.4.2014, Az. VIII R 9/13) und knüpft im Verständnis von nahe stehenden Personen i. S. d. § 32 d Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht an den Angehörigenbegriff des § 15 AO an, sondern verweist als wesentliches Kriterium für die Anwendbarkeit der Abgeltungssteuer auf einen beherrschenden Einfluss im Verhältnis der beteiligten Personen.

Die Rechtsprechung eröffnet damit interessante Gestaltungsmöglichkeiten, die bislang nahezu ausgeschlossen waren. Während der Kreditnehmer seine gezahlten Zinsen bislang als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu seinem persönlichen Steuersatz von bis zu 45 % steuermindernd geltend machen kann, war dem Kreditgeber die Anwendung der Abgeltungssteuer i. H. v. 25 % auf die vereinnahmten Zinsen von einer nahestehenden Person verwehrt geblieben. Durch Anwendung der Abgeltungssteuer ergibt sich nunmehr eine Steuerersparnis von bis zu 20 % (45 % - 25 % = 20 %). Mit einem Darlehen, z.B. innerhalb der Familie, ergibt sich hierbei sogar die Möglichkeit, mit dem Kreditgeschäft einen positiven Saldo auf Kosten des Finanzamtes zu erwirtschaften.

Ist die Unabhängigkeit der Beteiligten Personen gegeben, ist die weitere Vorrausetzung eines Anerkenntnisses des Darlehens zwischen nahen Angehörigen und eine Besteuerung mit dem Abgeltungssteuertarif die Fremdüblichkeit des Vorgangs. Verträge zwischen nahen Angehörigen werden aufgrund der grundsätzlich gleichgerichteten Interessenslage der Beteiligten meist kritisch von den Finanzbehörden geprüft. Mit einer zivilrechtlich wirksamen, klaren und eindeutigen – zu Beginn der Vertragsbeziehung abgeschlossenen - Vereinbarung, die auch tatsächlich so vollzogen wird, kann eine mögliche Missbrauchsvermutung des Finanzamtes jedoch in der Regel entkräftet werden. Im Sinne der Fremdüblichkeit ist ggfs. ein konkretes Darlehensangebot eines Kreditinstituts als Blaupause einzuholen. Hierbei ist – etwa bei geplanten Kreditverträgen zwischen Ehegatten – speziell auf die Abstimmung der Konditionen auf den Darlehensnehmer zu achten. Anzuraten ist ein schriftlicher Vertrag mit den wichtigsten Eckdaten (Darlehenshöhe, Zinssatz, Rückzahlungsbedingungen, Kündigungsrecht). Die Erfüllung der Vertragsbedingungen muss überwacht werden.