Mindestlohn

21.11.2014

Anlässlich der bevorstehenden Einführung eines flächendeckenden Mindestlohnes für Arbeitnehmer informiert Warken & Partner über die Regelungen, die am 01.01.2015 in Kraft treten.
Generell haben Arbeitnehmer ab dem 01.01.2015 einen Anspruch auf Mindestlohn in Höhe von 8,50 € brutto pro Zeitstunde.
Ausgenommen sind:
● Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
● zur Berufsausbildung Beschäftigte,
● ehrenamtlich Tätige,
● Langzeitarbeitslose
Diese haben erst nach 6- monatiger Beschäftigungsdauer einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn. Langzeitarbeitslosigkeit liegt ab 1 Jahr Arbeitslosigkeit vor.
● Praktikanten, die

  • ein Pflichtpraktikum auf Grund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten,
  • ein Praktikum von bis zu drei Monaten zur Orientierung für eine Berufsausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums leisten,
  • ein Praktikum von bis zu drei Monaten begleitend zu einer Berufs- oder Hochschulausbildung leisten, wenn nicht zuvor ein solches Praktikumsverhältnis mit demselben Ausbildenden bestanden hat, oder
  • an einer Einstiegsqualifizierung nach § 54a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder an einer Berufsausbildungsvorbereitung nach §§ 68 bis 70 des Berufsbildungsgesetzes teilnehmen.

 

● Zeitungszusteller/innen

Diese haben ab 2015 einen Anspruch auf 75% des Mindestlohnes, ab 2016 einen Anspruch auf Zahlung des Mindestlohnes in Höhe von 85% und ab 2017 Zahlung des vollen Mindestlohnes.

 

● Übergangszeiten nach Tarifvertrag
Abweichende Regelungen eines Tarifvertrages gehen dem gesetzlichen Mindestlohn noch bis zum 31.12.2016 vor. Bei den entsprechenden Tarifverträgen muss es sich um einen für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag handeln.
Beispielsweise gelten für:

  • das Friseurhandwerk noch bis zum 31.07.2015 ein Mindestlohn in Höhe von
    7,50 € (Ost) und 8,00 € (West),
  • die Fleischindustrie noch bis zum 30.09.2015 ein Mindestlohn in Höhe von 7,75 €,
  • für Gebäudereinigungsunternehmen noch bis zum 31.10.2015 ein Mindestlohn in Höhe von 8,21 € (Ost) und 9,21 € (West),
  • für Leiharbeit/ Zeitarbeit bis zum 31.12.2015 ein Mindestlohn in Höhe von 7,50 € (Ost) und 8,50 € (West),
  • im Agrarbereich bis zum 31.12.2015 ein Mindestlohn in Höhe von 7,20 € (Ost) und 7,40 € (West), danach stufenweise Anpassung.

Die Anwendung, Auslegung und Umsetzung des Mindestlohngesetzes wirft viele Fragen auf, die leider im Gesetz nicht geregelt sind und zukünftig der Ausgestaltung durch die Rechtsprechung überlassen sein werden.
Folgendes ist bereits jetzt zu beachten:
● Der Mindestlohn wird gesetzlich als Stundenlohn festgelegt.
● Leistungs- und Stücklohn sowie Gehaltszahlungen müssen künftig den Mindestlohn für die geleisteten Arbeitsstunden am Monatsende erreichen. Aufgrund der Berechnung nach Arbeitstagen im Rahmen der Umrechnung bei Gehaltszahlungen kann es zu Schwankungen entsprechend in den Monaten mit vielen oder wenigen Arbeitstagen kommen. Um in Monaten mit vielen Arbeitstagen einer Unterschreitung des Mindestlohnes vorzubeugen, kann die Führung eines Arbeitszeitkontos sinnvoll sein.
● Bei der Berücksichtigung von Entgeltbestandteilen, d. h. Zulagen, Zuschlägen, Sonderzahlungen etc. ergeben sich ebenfalls Besonderheiten. Dies ist leider gesetzlich nicht geregelt. Anhaltspunkte finden sich in der Gesetzesbegründung, wonach eine Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zum Arbeitnehmerentsendegesetz in Betracht gezogen worden ist.
Aufgrund der Gesetzesbegründung, Ansichten von Verbänden und Rechtsgelehrten ist davon auszugehen, dass Sonderzahlungen des Arbeitgebers Bestandteil des Mindestlohnes sind, wenn eine funktionale Gleichwertigkeit der zu vergleichenden Leistungen vorliegt. Das heißt: Wird allein die geschuldete und vereinbarte Arbeitsleistung mit einer Sonderzahlung als Vergütungsbestandteil entlohnt, wird dies auf den Mindestlohn angerechnet. Für besondere Leistungen ist allerdings auch ein Ausgleich zu zahlen. Solche Sonderzahlungen werden auf den Mindestlohn nicht angerechnet.
● Konkret bedeutet dies: Folgende Sonderzahlungen werden nicht als Bestandteil des Mindestlohnes berücksichtigt:

 

  • Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit, Nachtzuschläge, Wechsel- oder Schichtzuschläge, Überstundenzulage,
  • Schmutz- oder Gefahrenzulage,
  • Akkordprämien oder Qualitätsprämien,
  • Werkzeuggeld,
  • Wegegeld, Fahrtkostenerstattung,
  • Kleider- oder Reinigungsgeld,
  • Aufwandserstattungen, wie z. B. Fahrtkosten.

 

Folgende Sonderzahlungen können als Bestandteil in den Mindestlohn mit einberechnet werden:

  • Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld nur unter der Voraussetzung, dass es auch anteilig monatlich unwiderruflich ausgezahlt wird.

● Als sichere Regel gilt jedoch: Zahlung eines Stundenlohnes in Höhe von 8,50 € anstatt bzw. Verzicht auf sonstige Vergütungsbestandteile. Im Einzelfall sollte eine Beratung bzw. Prüfung erfolgen, da die Einberechnung von Lohnbestandteilen in den Mindestlohn streitbar sein kann.
● Weitere Besonderheiten stellen Sachbezüge und Trinkgelder dar.
Diesbezüglich ist ebenfalls gesetzlich nichts geregelt. Es zeichnet sich in Schrifttum, Ansichten von Verbänden oder Behörden zunehmend ab, dass diese Bezüge in Anlehnung nach § 8 EStG, der Sozialversicherungsentgeltverordnung, der Gewerbeordnung sowie der Pfändungsschutzbestimmungen nach §§ 850 ff Zivilprozessordnung zu beurteilen sind. Danach besteht die Möglichkeit, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgeltes zu vereinbaren. Dies ist dann bei der Berechnung des Mindestlohnes als Bestandteil zu berücksichtigen. Die Sachbezüge dürfen allerdings den jeweils pfändbaren Betrag eines Monatsverdienstes nicht übersteigen.
Folgendes ist für die Gewährung von Mindestlohn aus vertragsrechtlicher Sicht zu beachten:
Der Mindestlohn sollte als Fixvergütung gewährt werden und auf variable Vergütungsbestandteile sollte verzichtet werden. Dies kann für bereits bestehende Verträge durch Betriebsvereinbarung oder eine einvernehmliche Vertragsanpassung, bspw. im Wege des Abschlusses einer Vergütungsvereinbarung oder Nachtrag zum Arbeitsvertrag, erfolgen. Eine einseitige Vertragsanpassung kann durch eine Änderungskündigung zur Anpassung vertraglicher Nebenabreden an geänderte Umstände erfolgen. Darüber hinaus ist für Fälle der Gewährung von variablen Vergütungsbestandteilen auf eine konkret formulierte Zweckbestimmung im Vertrag – Vergütung für die geschuldete Arbeitsleistung oder besondere Leistung - zu achten.
Besonderheiten für geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer sind im Mindestlohngesetz nicht vorgesehen, sodass Arbeitgeber nunmehr bedenken müssen, ob eine angepasste Vergütung und/ oder Arbeitszeit den finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens noch entsprechen. Sollte dies nicht der Fall sein, kann im Einzelfall eine Vereinbarung innerhalb der Gleitzone in Betracht kommen.

 

Weiterhin wird im Rahmen der geringfügig sozialversicherungsfreien Beschäftigungen die zeitliche Begrenzung für kurzfristige Beschäftigungen (nicht berufsmäßig) von 2 Monaten auf 3 Monate und von 50 auf 70 Arbeitstage erhöht.

Die Fälligkeit und Auszahlung des Mindestlohnes muss zum vereinbarten Zeitpunkt bzw. bis spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, erfolgen.

Überstunden können auf einem Arbeitszeitkonto angesammelt werden, wenn dies zuvor schriftlich vereinbart worden ist. Die Arbeitsstunden auf einem Arbeitszeitkonto dürfen allerdings monatlich 50% der vereinbarten Arbeitszeit nicht überschreiten und sind innerhalb von zwölf Monaten in Freizeit zu gewähren oder durch Zahlung des Mindestlohnes auszugleichen.

Weiter zu beachten ist, dass jeder Arbeitgeber seiner Aufzeichnungs- und Dokumentationspflicht für Vereinbarungen zum Arbeitsverhältnis, geleistete Arbeitsstunden, Meldungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses etc. stets nachkommen muss.

Darüber hinaus gilt nunmehr für folgende Arbeitnehmer zwingend Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit aufzuzeichnen:

- Minijobber (Ausnahme: Privathaushalte),
- kurzfristig Beschäftigte,
- Arbeitnehmer in den Wirtschaftszweigen gem. § 2a Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (Baugewerbe, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Personenbeförderungsgewerbe, Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe, Schaustellergewerbe, Unternehmer der Forstwirtschaft,  Gebäudereinigungsgewerbe, Unternehmen im Rahmen Auf- und Abbau von Messen und Ausstellungen, Fleischwirtschaft).

Die Aufzeichnungen sind zwei Jahre aufzubewahren. Für einige Branchen sind Befreiungen und Erleichterungen für die Dokumentation des Beginns und dem Ende der täglichen Arbeitszeit vorgesehen, so zum Beispiel für Zeitungszusteller und Kurierdienste.

Für die Nichteinhaltung der Vorschriften zum Mindestlohn drohen zivilrechtliche Streitigkeiten sowie Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000,00 €.

Ein letzter wichtiger Hinweis: Unternehmer für Werkleistungen, die Subunternehmer und Nachunternehmer beauftragen, haften als Auftraggeber ebenfalls für die Einhaltung des Mindestlohns.

Zukünftig werden noch eine Vielzahl an Fragen entstehen. Diesbezüglich können Sie sich gern an uns wenden.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Ihre
Kanzlei Warken & Partner
Partnerschaftsgesellschaft mbB